Das einzige Bild, das ich von Jordanien im Kopf hatte, war das der berühmten Fassade der Felsenstadt Petra. Irgendwo ist es mir einmal ins Auge gestochen und hat sich eingebrannt. Auch in die Wüste wollte ich schon immer einmal. Und so kam es irgendwie zu meiner Reise nach Jordanien.

Ob als allein reisende Frau ein problemloses Herumreisen möglich ist, konnte ich im Vorhinein nicht wirklich herausfinden und so hatte ich vor meiner Reise schon das Gefühl, mich auf ein Abenteuer einzulassen.

Meine Scheu vor Städten hat mich schon nach einer Nacht in Amman zur Weiterreise nach Petra bewegt. Schließlich war das ja der Ort, der mich zu dieser Reise überhaupt bewogen hat. Viele der organisierten Touren haben nur eine Nacht in der Felsenstadt vorgesehen, was mir für einen angeblich so einzigartigen Ort doch etwas kurz vorkommt. So beschließe ich mit dem öffentlichen JETT Bus in vier Stunden nach Petra zu fahren. Zuvor hatte ich mir online einige Unterkünfte angesehen und stieß irgendwann auf eine Höhle. Eine Höhle – hatte ich da wirklich richtig gelesen – ja, als ich mir einige Bilder ansehe, handelt es sich wirklich um eine frühere Bedouinen Höhle. Ein mit Teppich ausgelegter „Gemeinschaftsraum“ in der Mitte, davon abgehend einige kleine Schlafnischen, ein kleiner Ofen aus Stein, kein Badezimmer. Da ich die Kultur schließlich hautnah erleben möchte, buche ich meine Felsenunterkunft nahe der Felsenstadt für drei Nächte und bin nun wirklich gespannt, was auf mich zukommt.

Ghassab, Höhlenbesitzer, holt mich mit seinem Jeep am Busbahnhof in Wadi Musa ab und bereits die Fahrt auf den staubtrockenen Wegen durch das felsige Hinterland ist einfach toll. Der Geländewagen macht durchaus Sinn. Nach einiger Zeit erreichen wir dann endlich mein „Hotel“ für die nächsten Tage und ich bin begeistert von meiner Wahl. Nur die Vorstellung mitten in der Nacht die Freiluft Toilette aufsuchen zu müssen, besorgt mich etwas. Wie sich später herausstellt, ist es genauso schlimm, wie in meiner Vorstellung.

Eine Familie zieht mit in die Höhle und nach kurzer Zeit machen wir uns mit Guide Ahmed auf, die eindrucksvolle Landschaft zu Fuß zu erkunden. Und mir wird klar, dass Petra nicht nur aus der berühmten Fassade besteht. Sie wird übrigens das „Schatzhaus“ genannt, wie ich später noch erfahren werde. Schätzungsweise sind bisher zwar erst 20 Prozent des antiken Petra ausgegraben, das sind aber immerhin 20 Quadratkilometer mit etwa 1000 Gebäuden und Gebäuderesten. Es gibt also sehr viel zu erkunden und ich bin froh, dass ich mir mehrere Tage Zeit genommen habe. Den ersten Tag erreichen wir Petra gar nicht, sondern wandern durch die erstaunliche Landschaft aus Felsen, Wüste und Steinformationen. Außer ein paar Ziegen begegnen wir niemandem.

Am Abend wird für uns gekocht, Mansaf, das Nationalgericht, das aus der Küche der Beduinen stammt. Es wird auf einem großen Teller serviert, Reis ist die Grundlage, dann kommen noch Nüsse, Trockenfrüchte und Lammfleisch dazu, darüber wird Joghurt gegeben. Wir sitzen selig in unserem neuen Wohnzimmer und genießen das leckere Essen. Danach gibt es ein Lagerfeuer vor unserer Höhle und ein paar Einheimische aus der „Nachbarschaft“ kommen vorbei. Man verständigt sich mit Händen und Füßen, Zeit ist genug, denn sonst gibt es eigentlich nichts zu tun so weit draußen.

Am nächsten Tag soll es so weit sein, am Ende des Tages stehe ich vor dem berühmten Schatzhaus, das eigentlich eine Grabstätte ist. 40 Meter hoch und 25 Meter breit erscheint es plötzlich vor mir, als ich durch die Schlucht, dem Siq, hindurch gehe. In Wirklichkeit erscheint es mir noch größer, eindrucksvoller und schöner wie auf den Fotos. Das ist nicht mehr oft der Fall. Davor besuche ich noch das Römische Theater, das frühere Stadtzentrum, die Gräber der Königswand und den Felsentempel Ad Deir. Er liegt hoch am Berg, ist riesig und anderen Besuchern begegnet man nur vereinzelt, obwohl das Bauwerk meiner Meinung durchaus mit der „Schatzkammer“ mithalten kann. An Petra denke ich oft zurück als einer der Orte, der meine Erwartungen völlig übertroffen hat. Auch als einen Ort, der so schöne ist, dass ich ihn eines Tages noch einmal besuchen möchte

Die Wüste Wadi Rum ist nur circa zwei Stunden mit dem Bus entfernt. Auch hier habe ich vorher etwas recherchiert und eines der Zeltcamps in Mitten der Wüste gebucht. Wieder werde ich, diesmal vom Zeltbesitzer Ahmed, am Busbahnhof abgeholt. Wieder macht der Jeep Sinn, als wir eine Stunde durch Sanddünen brettern. Erst kurz vor Ankunft entdecke ich einige Zelte hinter einer der Dünen. Vier Nächte habe ich gebucht. Ahmed verkündet beim ersten Treffen direkt seine Freude darüber, da andere Besucher höchstens zwei Nächte bleiben. Gleich danach fragt er, was ich denn in all dieser Zeit machen möchte. Als ich frage, was es denn zu tun gäbe, lacht er. Eine Jeep Safari und eine Kamel Safari. Beides dauert jeweils zwei Stunden. Ich frage mich, warum um Himmels Willen ich vier Nächte gebucht habe, bringe es aber Dank Ahmeds Euphorie nicht übers Herz, meinen Aufenthalt zu verkürzen. Ich nehme mir vor diese Zeit zu nutzen, um endlich einmal das mitgebrachte Buch zu lesen. Mein Zelt ist gemütlich und ein ganzer Haufen Decken liegt bereit, in der Nacht wird es kalt und es kann Sandstürme geben. Es gibt ein kleines Häuschen mit Sanitären Anlagen und ich empfinde dieses als geradezu luxuriös nach meinem Höhlenaufenthalt. Ahmed betreibt das Camp mit seinen drei Brüdern. Sie sind Housekeeper, Köche, Guides, Lagerfeuer Geschichtenerzähler und Lagerfeuer Musikanten in einem. Ich freunde mich mit ihnen und den anderen Gästen an und die Stimmung ist familiär. Ich buche die zwei verfügbaren Aktivitäten. Ahmeds Bruder fährt mich mehrere Stunden durch die Wüste und auch hier werden meine Erwartungen übertroffen. Die Wüste ist 740 km2 groß, Weltkulturerbe und die Felsen bestehen aus Sandstein und Granit. Auf mich wirkt sie majestätisch und unendlich weit. Ich klettere auf verrückte Felsformationen und mein Guide fotografiert mich geduldig. Den ganzen Vormittag begegnen wir niemandem. Auf dem Rückweg machen wir Halt im „Wüsten Café“, trinken Tee und begegnen nun auch einigen anderen Touristen.

Am nächsten Tag holt mich ein 8 – jähriger Junge mit den Kamelen (Mama und Kind) seiner Familie ab. Ich verliere nach etwas fünf Minuten bereits völlig die Orientierung und frage mich, ob wir je wieder zurückfinden. Der Nachwuchsguide führt mich allerdings sehr zielstrebig und selbstbewusst durch die endlosen Dünen. Gelegentlich klingelt sein Handy. Etwas genervt erklärt er mir, dass seine Mutter am Telefon ist und wissen möchte, wo wir gerade sind. Gerne würde ich verstehen, wie er unseren aktuellen Standpunkt zwischen Sand, Sand & Sand erklärt.

Was passiert nun in den übrigen drei Tagen? Nachdem ich vorsichtig frage, ob ich ein wenig in der Küche helfen kann, um mir ein paar Gerichte für Zuhause abschauen zu können, werde ich voll in den Wüstenalltag miteinbezogen. Ich koche, fege Sand, fahre mit Ahmed zum Lebensmitteleinkauf in die Stadt und zum Tee trinken zu Nachbarn (auch hier ist es mir schleierhaft, wie sich die Wüstenbewohner untereinander überhaupt finden). Jeden Abend fährt mich einer der Brüder zu einem Felsen, dass ich den Sonnenuntergang sehen kann. Am dritten Tag darf ich sogar selbst mit dem Jeep fahren. Allerdings fahre ich so langsam, dass ich oft steckenbleibe und ich am nächsten Tag wieder chauffiert werde.

Wüste Wadi Rum

Nach vier Tagen fällt der Abschied unerwartet schwer und ich würde gerne noch länger bleiben.

Oft denke ich an diese besondere Reise zurück. An die Schönheit der Natur und die herzliche Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Einheimischen.