Gastautoren: Andrea und Wolfgang Götz
Der fast 5.000 Quadratkilometer große Bwabwata National Park wurde 2002 errichtet und erstreckt sich über weite Teile des sog. Caprivi-Streifens im Nordosten Namibias an den Grenzen zu Angola und Botswana. Wir besuchten diesen herrlichen Nationalpark im Dezember 2020 auf einer 4-wöchigen individuellen Rundreise mit einem Bushcamper durch die unterschiedlichsten Regionen Namibias.
Divundu
Die drei Stunden Fahrt von der Hakusembe River Campsite nach Divundu vergehen wie im Flug. Die Eindrücke rechts und links der Straße sind die gleichen wie am Vortag: immer wieder Kraal-Siedlungen, Kühe, Esel und Ziegen auf und neben der Straße. Man muss jederzeit bremsbereit sein. Die Stadt Divundu selbst lassen wir „links liegen“ und biegen auf die Straße ab, die zum Ngepi Camp führt. Die Campsite selbst lebt von seinem lässigen Hippie-Charme, hat aber ihre besten Jahre leider hinter sich. Wir richten uns gemütlich auf unserem Stellplatz ein und als wir auf dem Rasenstück mit hohem Baumbestand sitzen drängt sich uns der Gedanke auf: „eigentlich wie zuhause in den Rheinauen im schönen Baden“. Nach genauerer Betrachtung fallen dann aber doch ein paar entscheidende Unterschiede auf: jede Menge exotische Vögel in den Bäumen, vor allem aber Flusspferde, Krokodile und Otter im Wasser. Das fehlt daheim definitiv! Krokodile scheinen nicht anwesend zu sein, aber eine Hippo-Mama mit Jungtier auf einer Sandbank macht mächtig Eindruck.
Gegen 17 Uhr starten wir zu einer Bootsfahrt auf dem Okavango, der hier Kavango genannt wird. Wir fahren langsam an eine im Fluss treibende Flusspferdgruppe heran, entdecken Krokodile, drei verschiedene Eisvogelarten, Reiher, und einen Mohrenklaffschnabel. Nebenher zieht uns die einmalige Landschaft in ihren Bann. Die teils dramatischen Wolken tun ihr Übriges dazu. Wir sehen Blitze in der Ferne und sind besorgt, dass es nachts regnen wird. Somit würde morgen die kleine Safaritour, die wir in der Nähe vorgesehen haben, schwierig werden. Doch unser Guide, Gilbert, beruhigt uns, weil er sagt, Regen käme immer von der anderen Seite.
Mahango Core Area
Trotz der schönen Aussicht während des Frühstücks auf den Fluss beeilen wir uns, damit wir zeitig in der Mahango Core Area, einem kleinen Teil des Bwabwata-Nationalparks, auf „Pirsch“ gehen können. Um 8:40 Uhr durchfahren wir das Parkgate – natürlich wie überall nach vorheriger Registrierung. Die Route durch das Gelände ist mehr als einfach: eine Strecke führt ca. 14 km längs des Kavango nach Süden und man kann drei „Viewpoints“ anfahren, an denen das Aussteigen aus dem Auto erlaubt ist. Auch in der Mahango Core Area ist mit gefährlichen Tieren zu rechnen: Krokodile, Flusspferde, Büffel, Löwen, Elefanten. Da bleiben wir auch an den Aussichtspunkten gerne im Wagen sitzen.
Doch wir machen uns gar nicht allzu große Hoffnungen auf spektakuläre Tiersichtungen diesem „kleinen“ Park und genießen die wunderschöne, grüne Landschaft, durch die wir auf einer leicht erhöhten Piste fahren. Die ersten Tiere registrieren wir im Vorbeifahren: Strauße, Impalas, Zebras – alles schon gehabt, aber immer wieder schön. Doch dann sichten wir plötzlich einige Letschwe-Antilopen und tief im Gebüsch auch einen Buschbock. Als wir den ersten Aussichtspunkt erreichen, erstreckt sich vor uns das malerische Überflutungsgebiet des Kavango mit Unmengen verschiedener Vögel, aber auch zahlreichen Antilopen. Wir beobachten in der Ferne zwei Schreiseeadler. Wie beeindruckend!
Auf der Weiterfahrt begeistert uns eine größere Gruppe Impalas mit vielen Jungtieren und kurz darauf entdecken wir zwei mächtige Büffel, die sich wohl kurz zuvor in einem Schlammloch gewälzt haben. Weitere bemerkenswerte Sichtungen auf dieser Strecke: ein Waran von schätzungsweise 1,50 m Länge, ein Sattelstorch und eine Warzenschweinfamilie mit einem wenige Tage alten Frischling. Nicht zu vergessen mehrere Affenbrotbäume von gigantischen Ausmaßen.
Nachdem wir die „Uferpromenade des Kavango“ hin und zurück befahren haben, begeben wir uns in den westlichen Teil des Parks. Hier versprechen wir uns – ob vieler Schilderungen im Internet – nicht allzu viel, allenfalls am Wasserloch in 10 km Entfernung. Doch bereits nach kurzer Fahrt läuft uns ein einsamer Elefant über den Weg, kurz darauf eine Straußenfamilie mit vier halbwüchsigen „Küken“. Wir fahren direkt an zwei Pavianen vorbei und am Wasserloch „wartet“ ein Adler auf uns. Doch auf dem Rückweg trauen wir unseren Augen kaum als wir in kurzen Abständen Elefanten begegnen. Die einen sammeln Früchte an einem Strauch, die nächsten wandern einfach an uns vorbei und andere rangeln um einen Schlammpool. Das i-Tüpfelchen ist eine neugierige Giraffe, die kurzzeitig die Szenerie betritt und das Tun der Elefanten skeptisch beäugt.
Vollkommen perplex und mehr als glücklich über die heutigen Erlebnisse fahren wir zu unserer Campsite zurück, stellen die Campingstühle am Ufer des Kavango auf und beobachten die Flusspferde, die ab und zu vor uns auftauchen. Sirloin-Steaks vom Grill gepaart mit einem Shiraz bilden den perfekten Ausklang des Abends.
Buffalo Core Area
Wieder ein Frühstück am Fluss. Die Flusspferde planschen am gegenüberliegenden Flussufer ausgelassen im Wasser: welch Riesenspektakel zum Abschied vom Ngepi Camp. Heute wollen wir uns einem weiteren Teil des Bwabwata NPs widmen, der Buffalo Core Area. Auf dem kurzen Weg dorthin kommen wir bei den Popa-Falls vorbei, die eigentlich keine richtigen Wasserfälle sind – wie der Name vermuten ließe – sondern nur Stromschnellen, die entstehen, weil hier der Kavango auf wenige Meter vier Meter nach unten strömt und dabei einige Felsen überwinden muss. Jedenfalls rauscht es schon von weitem gut hörbar.
Was wir nicht wussten, ist, dass uns hier bei der White Sands Lodge nicht einfach zum „Wasserfall“ spazieren können. Ein junger San (Buschmann) nimmt uns in Empfang, um uns zu den Stromschnellen zu führen und dabei über die Philosophie der San, deren Lebensweise und deren pflanzlicher Heilmittel zu unterrichten. Eigentlich sollte das hier nur ein kurzer Fotostopp werden, jetzt wächst es sich dann doch zu einem anderthalbstündigen Aufenthalt aus. Unterm Strich gar nicht schlecht – wir haben wieder einmal einiges dazugelernt.
Unweit von hier ist das Entrance Gate zur Buffalo Core Area, an dem wir die üblichen Formalitäten erledigen. Das Sichtungsergebnis dieser Halbtages-Safari ist schnell zusammenfasst: schöne Klunkerkraniche, zwei Wasserböcke, Warzenschweine und Meerkatzen mit ganz jungen Äffchen, einige schöne Vögel und natürlich die überall vertretenen Impalas. Für diese Sichtungen haben wir den Ford Ranger und mich als Fahrer ganz schön gequält. Der schmale Fahrweg zwischen eng stehenden Büschen war oft sehr tiefsandig und permanent war zu befürchten, dass wir irgendwo steckenbleiben. Sehr anstrengend und etwas stressig.
Auf kerzengerader Linie führt uns nach Verlassen des Parks die B8, der Trans-Caprivi-Highway, nach Osten, bis wir nach 2 Stunden Kongola erreichen. Einmal nach Süden abbiegen, weitere 15 Minuten Autofahrt und wir kommen gegen 14:30 Uhr im Mukolo Camp an.
Hier war wegen der Corona-Pandemie schon länger kein Gast mehr und wir sollen auch heute die einzigen Gäste bleiben. Veronica begrüßt uns herzlich und freut sich sichtlich, endlich wieder Gäste beherbergen zu dürfen. Wir relaxen am kleinen Pool, erfrischen uns und frönen ansonsten dem süßen Nichtstun. Der „donkey“ wurde zwischenzeitig eingeheizt, so dass wir eine warme Dusche nehmen können, um uns zum Dinner „ausgehfein“ zu machen. Schön, dass wir hier mit Abendessen und Frühstück gebucht haben. So nehmen wir abends im gemütlichen, vorweihnachtlich geschmückten, afrikanisch gestylten „Restaurant“ Platz und lassen uns mit einem leckeren Abendessen und einer guten Flasche Wein verwöhnen
Kwando Core Area
Am östlichen Ende des Bwabwata Nationalparks befindet sich die Kwando Core Area. Das Reservat ist für lange tiefsandige Abschnitte berühmt berüchtigt. Aber wir wollen es dennoch versuchen. Umdrehen können wir schließlich immer, wenn es uns zu brenzlig wird.
Beauty, so heißt die Lady am Park Gate, registriert uns, kassiert die Eintrittsgebühr und meint, die Strecke sei ganz easy zu befahren und es gehe immer geradeaus und es gebe auch nur eine Straße im Park. „Schaltet 4×4 ein und alles wird gut. Falls ihr dennoch stecken bleibt, habt ihr ja meine Telefonnummer. Es gibt zwar wenig Netzabdeckung im Park, aber es wird schon alles funktionieren.“ Dass Beauty die Dinge stark vereinfacht und beschönigt hat, merken wir sofort, denn die Fahrspur ist sehr sandig und recht schwierig befahrbar. Durch eine üppig bewachsene, grüne Landschaft quäle ich den Ford Ranger die Sandpiste entlang, immer mit dem mulmigen Gefühl, unseren Wagen gleich im Sand einzugraben. Sehr, sehr langsam kommen wir voran – Meter für Meter geht es Richtung Süden in den Park hinein.
Bald kommen wir zu einem Aussichtspunkt, von dem wir einen wundervollen Blick über die sumpfige Ebene des Kwando River haben. Der schmale Fluss hat zahlreiche Seitenarme und überflutet Wiesen, so dass die ganze Region mehr oder weniger Sumpfland ist. Üppiges Grün dominiert das Bild. Wir sind verzaubert von diesen Anblicken.
Weiter führt der Weg über den River-Loop. Plötzlich entdecken wir Tiere in der Ferne, die wir nicht einordnen können. Für Antilopen zu klein. Was kann das sein? Wir nähern uns und der Blick durch das Fernglas klärt es auf: es sind Wildhunde, die wir erspäht haben. Das hatten wir nicht erwartet! Wildhunde sind äußerst selten anzutreffen. Die Weltnaturschutzunion bezeichnet die Art als „stark gefährdet“ und es gibt außer in Botswana nicht mehr viele von ihnen. Somit ist er eines der seltensten Großsäugetiere Afrikas geworden. Dass wir hier ein Rudel von ihnen sehen dürfen, ist schon sehr, sehr großes Glück. Wir nähern uns ihnen langsam weiter an. Für ein paar Minuten können wir das Rudel beobachten, aber irgendwann verschwindet es dann im Buschwerk und lässt uns mit offenem Mund staunend zurück.
Mittlerweile wissen wir nicht mehr, auf welcher der verschiedenen Routen durch den Park wir uns gerade befinden. Wir wollen zu einer hufeisenförmigen Flussschleife fahren, dem sog. „“Horseshoe“, und der liegt noch weiter südlich. Also pflügen wir weiter mit dem Camper in 4×4-Modus durch den Sand und kommen irgendwann tatsächlich an besagter Flussschleife an. Ein toller landschaftlicher Eindruck, leider ohne Elefanten. Aber das war uns klar, weil es derzeit zu nass in der Region ist und die Elefanten daher nicht auf das Wasser des Flusses angewiesen sind. Obwohl wir hier kaum Tiere sehen, bleiben wir dennoch eine ganze Weile und beobachten einige Vögel bevor wir uns auf den Rückweg machen. Eine Giraffe, Kudus, Impalas, Flusspferde, Paviane und Meerkatzen, sowie eine Rappenantilope sind die weitere „Ausbeute“ dieser Pirschfahrt. Nach insgesamt etwa fünf Stunden verlassen wir den Park, glücklich über tolle – aber angesichts der schwierigen Bedingungen der Piste auch hart erarbeitete – Sichtungen. Und wir sind ebenso glücklich, nicht steckengeblieben zu sein.
Kaum zurück im Camp beginnt auch schon das Nachmittagsprogramm, eine dreistündige Bootsfahrt auf dem Kwando. Völlig unterschiedlich zum Okavango, ist der Kwando ein schmaler Fluss, der sich in einem breiten Flusstal durch Gräser, Schilf und Papyrus windet. Nach jeder Flussbiegung ergeben sich neue Ausblicke. Gleich zu Beginn der Cruise sehen wir ein Dutzend Hippos und ein Krokodil im Wasser. Und wieder diese grandiose Vogelwelt!
Aber die nächste Sichtung übertrifft alles: Vier Sitatunga stehen am Ufer im Sumpf. Zwei Böcke, ein Weibchen und ein Kitz flüchten nicht, als wir uns ihnen nähern. Unser Guide kann es kaum glauben. Es ist ohnehin schon selten, dass man EINE Sitatunga antrifft, aber dass man mehrere auf einmal sieht und dass diese scheuen Antilopen nicht sofort flüchten, das hat er selbst noch nie erlebt.
In der Umgebung gewittert es. Die Wolken und die untergehende Sonne zaubern fantastische Landschaftsbilder. Die vielen Vögel, die Sitatunga und die bezaubernde Flusslandschaft machten diese Bootsfahrt zu einem ganz besonderen Erlebnis.
Den vollständigen, reich bebilderten Reisebericht über unsere 4-wöchige Namibia-Tour finden Sie auf Götzens auf Reisen