Mit knapp 1.000 Meter freifallendem Wasser, ist der Salto Angel der höchste Wasserfall der Welt. Aber nicht nur aufgrund der atemberaubenden Höhe ist die Reise zum Salto Angel definitiv ein unvergessliches und einmaliges Erlebnis.

Zugegeben, seine Lage im Südosten Venezuelas, das derzeit die wohl schwerste Krise seiner jüngeren Geschichte durchmacht – mit Mangelwirtschaft und am Rande eines Bürgerkrieges – macht die Anreise nicht einfach. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird dafür die Herzlichkeit der Venezolaner kennenlernen, die er sich garantiert mit wenig anderen Touristen teilen muss. Für alle, denen die aktuelle politische Situation zu heikel ist: es ist davon auszugehen, dass der Salto Angel, auch die aktuelle politische Krise überleben wird und auch in 10 oder mehr Jahren nichts von seiner Magie und Schönheit verloren haben wird.

Prinzipiell gibt es 2 Möglichkeiten, den Salto Angel zu besuchen. Entweder per Flugzeug oder vom Boden aus – und das ist meiner Meinung nach die wesentlich eindrucksvollere Variante. Schon die Anreise ist ein Erlebnis und entschädigt für alle Strapazen.

Die meisten Reisen zum Salto Angel werden in Caracas beginnen. Dort steigt man in einen Linienflug Richtung Südosten nach Ciudad Bolivar oder Puerto Ordaz. Vom Flugzeug aus erkennt man, wie sich die Vegetation ändert und man langsam in den Dschungel eindringt. Wenn man Glück hat, erwischt man direkt seinen Anschlussflug nach Canaima. Aufgrund der politischen Krise in Venezuela kommt es allerdings häufig zu Flugverspätungen, weshalb es wohl ratsam ist, eine Nacht in Puerto Ordaz oder Ciudad Bolivar einzuplanen, bevor es mit den kleinen Propellermaschinen weiter nach Canaima geht.

Der Flug führt mitten durch den Dschungel. Man überfliegt zahlreiche Flüsse und Flussarme und in der Ferne sieht man die ersten Tepuis (so heißen die Tafelberge in Venezuela), die während des Fluges immer näher kommen. Sicherlich der spektakulärste Flug, den ich je erlebt habe. Im Landeanflug auf die rote Sandpiste in Canaima sieht man aus dem Fenster schon die zahlreichen Wasserfälle, die in die Lagune von Canaima stürzen. Auch wenn die Wasserfälle hier nicht so hoch sind, führen sie dafür umso mehr Wasser und es bietet sich eine eindrucksvolle Kulisse. Es lohnt sich ein Tag Aufenthalt in Canaima, um die Lagune und die Wasserfälle zu erkunden. Teilweise kann man unter diesen hindurch gehen. In den Ohren immer das Tosen der Wassermassen. Canaima selbst besteht nur aus wenigen Häusern/Hütten und dient primär als Ausgangspunkt für die Touren zum Salto Angel.

Der Ausflug zum Salto Angel startet in der Regel früh morgens. Mit kleinen Einbaumbooten mit Außenborder geht es weiter Richtung Tepuis / weiter weg von jeglicher Zivilisation in den tiefsten Dschungel. Die Fahrt Flussaufwärts dauert ca. 6 Stunden, ist aber ein tolles Erlebnis. Immer wieder müssen wir das Boot verlassen und ein paar Meter zu Fuß gehen, damit das Boot es durch die Stromschnellen schafft. Nach einer gewissen Zeit sieht man sich von den Tafelbergen umgeben und man dringt immer weiter in dieses unwirkliche Land ein, bis das Boot plötzlich an einer ruhigen Stelle in einer Kurve auf einer Sandbank anlandet.

Von hier aus geht es ca. 1,5 Stunden zu Fuß weiter. Stetig leicht bergauf in Richtung eines Tafelberges (Auyan-Tepui). Weit in die Ferne kann man allerdings nicht blicken, da einem die Sicht durch das Dickicht des Dschungels versperrt bleibt. Bis sich plötzlich auf einem Felsvorsprung die Vegetation lichtet und man den Salto Angel vor sich in die Tiefe stürzen sieht. Die Höhe ist unbeschreiblich und die Szenerie atemberaubend. Es geht noch ein paar Meter weiter an den Fuß des Wasserfalls, wo sich das Wasser in einem Becken sammelt. Nach der schweißtreibenden Wanderung (dank der hohen Luftfeuchtigkeit), ist dies eine willkommene Möglichkeit für ein erfrischendes Bad.

Gefühlte 1.000 Fotos später und mit einer Nackenstarre vom ständigen nach oben schauen geht zu Fuß zurück zu der Stelle, wo uns das Boot abgesetzt hatte. Hier wird in Hängematten zwischen den Bäumen übernachtet, bevor es am nächsten Morgen mit dem Boot zurück nach Canaima geht.

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